25 Jahre EEG – Eine kritische Würdigung
Beitrag verfasst von Christoph Maurer
Am 1. April 2000 ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in Kraft getreten. Damit wurde vor 25 Jahren ein Förderinstrument geschaffen, das die Energiepolitik in Deutschland und darüber hinaus geprägt hat. Anlass genug, um eine Bilanz zu ziehen. Ich sehe Licht – aber auch Schatten.
Die Erfolge des EEG
Das EEG hat Deutschland zum Vorreiter beim Ausbau erneuerbarer Energien gemacht. Heute stammt mehr als die Hälfte des in Deutschland erzeugten Stroms aus erneuerbaren Quellen – ein Anteil, mit dem kein anderes großes europäisches Flächenland mithalten kann. Das ist umso bemerkenswerter, da Deutschland im Vergleich nur über begrenzte Potenziale bei Wasserkraft und Biomasse verfügt.
Besonders bis Anfang der 2010er Jahre war ein wesentlicher Teil der weltweiten PV-Installationen in Deutschland zu finden. Damit hat das EEG, zugegebenermaßen um den Preis erheblicher Förderkosten, maßgeblich zur weltweiten Verbreitung der Photovoltaik beigetragen. Die großzügige Förderung in Deutschland hat die Lernkurve verkürzt und die Technologie schneller als das sonst geschehen wäre kostengünstig gemacht – mit positiven globalen Effekten für Emissionsminderungen.
Nicht zuletzt war das EEG zumindest in seiner Anfangszeit, als es vor allem um Technologieförderung ging und die Systemwirkungen der erneuerbaren Energien nicht entscheidend waren, ein vergleichsweise effizientes Förderinstrument. Die feste Einspeisevergütung schuf Investitionssicherheit, senkte die Kapitalkosten und ermöglichte rasche Kostensenkungen, technologischen Fortschritt und den Markteintritt vieler Pioniere.
Die ungelösten Spannungen
Doch das EEG hatte und hat auch strukturelle Schwächen. Das Spannungsfeld mit dem europäischen Emissionshandelssystem (ETS), das die Menge der Emissionen in den Sektoren Energiewirtschaft und Industrie EU-weit und unabhängig vom EEG deckelt, ist bis heute nicht aufgelöst. Ist das EEG deshalb überhaupt primär ein Klimaschutz- oder doch vor allem ein Technologieförderinstrument? Emissionsminderungen im Stromsektor können jedenfalls nicht eindeutig dem EEG zugeschrieben werden – aber die Förderungen nach dem EEG mit ihren positiven Spillover-Effekten für den EE-Zubau nicht nur in Deutschland haben die CO2-Vermeidung günstiger gemacht und damit ein Ambitionsniveau beim Klimaschutz in der EU ermöglicht, das ohne das EEG und die damit von Deutschland übernommene Finanzierungsverantwortung möglicherweise unrealistisch gewesen wäre.
Hinzu kommen systemimmanente Beharrungstendenzen. Wie bei jedem großen Förderregime , an dem starke wirtschaftliche Interessen hängen, gab und gibt es auch beim EEG Widerstand gegen sinnvolle und notwendige Anpassungen des Förderregimes. Drei zentrale Elemente des ursprünglichen EEG – politisch gesetzte, einspeiseabhängige und vom Marktwert unabhängige – Vergütungen passen jedoch nicht zu einem Stromsystem, das von erneuerbaren Energien dominiert wird – zumal das Fördersystem für wesentliche von diesen verursachte Kostenelemente, insbesondere die Netzintegrationskosten, bisher weitgehend blind ist.
Natürlich wurden im Verlauf der vergangenen 25 Jahre insbesondere für größere Anlagen wesentliche Anpassungen am ursprünglichen Konzept vorgenommen, wenn auch oft gegen den entscheidenden Widerstand der „Puristen“ und der an das bestehende System gewöhnten Branche – etwa die Einführung der Direktvermarktung oder die wettbewerbliche Ermittlung der Fördersätze über Ausschreibungen. Doch die Probleme sind nicht völlig verschwunden. Besonders kleinere Anlagen erhalten weiterhin oft keine wirksamen Preissignale und die einspeiseabhängige Förderung setzt Anreize, auch dann Strom zu produzieren, wenn er keinen Wert hat. Eine Folge ist die stark steigende Zahl von Stunden mit negativen Börsenpreisen. Nach Auswertungen von Lion Hirth entfiel 2024 ein Drittel der PV-Erzeugung auf Intervalle mit negativem Day-Ahead oder Intraday-Preis und verursachte dort zusätzliche volkswirtschaftliche Kosten. Versuche, diese Problematik durch ein situatives Aussetzen der Förderung zu heilen, führen wiederum zu neuen Schwierigkeiten, indem sie zusätzliche Risiken für die erneuerbare Energien mit sich bringen und damit die Förderkosten erhöhen.
Neue Herausforderungen und ein neuer Fokus
Mit der EU-Strommarktreform (EMD) wurde 2023 angesichts der Erfahrungen der Energiekrise 2022, während derer auch geförderte EE-Anlagen sehr hohe Erlöse erzielen konnten, eine Rückzahlungspflicht für Fördermittel bei hohen Marktpreisen eingeführt. Zukünftig darf Förderung nur noch in Form sogenannter Zwei-Wege-Differenzverträge (CfD) oder äquivalenter Mechanismen gewährt werden. Deutschland muss diese Anforderung bis Ende 2026 umsetzen und dazu das EEG grundlegend überarbeiten. Die Rückzahlungspflicht klingt zunächst gut, reduziert sie doch langfristig die Förderkosten – sie schafft aber auch neue Herausforderungen. So könnten bei einem weiterhin einspeiseabhängigen System Betreiber ihre Fahrweise möglicherweise auf die Minimierung von Rückzahlungen hin optimieren – was betriebswirtschaftlich vorteilhaft, volkswirtschaftlich aber ineffizient und preistreibend wäre.
Deshalb werden in einem zukünftigen Fördersystem einspeiseunabhängige Elemente vermutlich eine deutlich größere Rolle spielen. Einen konkreten Vorschlag dazu hat der Autor mit Ingmar Schlecht und Lion Hirth vorgelegt.
Zudem muss in den kommenden Jahren der Fokus bei der Gestaltung des Fördersystems stärker auf die Gesamtsystemkosten gelegt werden. Es geht längst nicht mehr um die Maximierung der produzierten EE-Strommenge oder die Minimierung der durchschnittlichen Stromgestehungskosten. Die Frage ist vielmehr: Welche Technologien bringen nicht nur günstigen, sondern auch wertvollen Strom und wie können wir die Kosten für den EE-Zubau unter Berücksichtigung der Systemintegrationskosten minimieren?
Zu dieser Diskussion gehört auch die Frage, ob wir vergleichsweise teure EE-Technologien wie kleine PV weiter fördern sollten wie bisher (und wie wir problematische Verteilungswirkungen durch Eigenverbrauchsprivilegien vermeiden) und welche Optimierungsmaßnahmen beim Offshore-Ausbau, bei dem Netzanschlusskosten und Abschattungseffekte ein zunehmendes Problem darstellen, möglich sind.
Und was ist mit den Jobs?
Ein Punkt noch, der mir in vielen Beiträgen zu 25 Jahre EEG aufgefallen ist: Da wird häufig betont, wie viele Arbeitsplätze es infolge des EEG in der Branche gab und gibt – zeitweise über 300.000 – und welch ein Versäumnis es sei, dass diese Höchststände nicht mehr erreicht werden. Doch die Zahl der Branchenarbeitsplätze ist kein gutes Kriterium für den Erfolg eines Gesetzes. In einem Land mit Fachkräftemangel geht es um Produktivität und den effizienten Einsatz der Ressourcen der Beschäftigten. Der Glaube, es sei ein Erfolg, mit Förderung Arbeitskräfte in eine spezielle Branche zu lenken, wirkt auf mich nicht unähnlich wie die Idee des US-Präsidenten Donald Trump, es sei ein wirtschaftspolitischer Erfolg, mit Zöllen eigentlich unproduktive manufacturing jobs in den USA wieder aufleben zu lassen.
Fazit
Das EEG war ein Erfolgsmodell. Ohne EEG würden wir heute vermutlich keine so klare Vision haben, dass und wie ein dekarbonisiertes und wesentlich auf erneuerbaren Energien basiertes Stromsystem zeitnah umgesetzt werden kann. Aber es muss weiterentwickelt werden. Nicht nur, weil sich die technologische und politische Welt verändert hat. Sondern auch, weil das Ziel heute nicht mehr die Förderung einiger unreifer Zukunftstechnologien, sondern die effiziente Anreizsetzung für die dominierende Erzeugungstechnologie in unserem Stromsystem ist.
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