Versorgungsaufgabe-Prognosen
Ansprechpartner: Christian Linke und David Kemnitz
Seit der EnWG-Novellierung im Sommer 2022 verpflichtet § 14d EnWG alle Verteilnetzbetreiber (VNB) mit mehr als 100.000 Kunden zu einer vorausschauenden Netzplanung, die die Erstellung von sogenannten Regionalszenarien und darauf aufsetzenden Netzausbauplänen umfasst. Auch für kleinere VNB ist die Erstellung von Prognosen zur Entwicklung der Versorgungsaufgabe eine unabdingbare Grundlage für die zeit- und bedarfsgerechte Planung und Umsetzung des Netzausbaus.
Consentec hat bereits vor mehr als 5 Jahren eine Methodik zur Erstellung von Szenarien zur Entwicklung von Versorgungsaufgaben entwickelt. In mittlerweile mehr als 20 Projekten konnten wir damit insbesondere auch kleinere städtische Netzbetreiber dabei unterstützen, ein detailliertes Bild von den künftigen Anforderungen an deren Stromnetze zu gewinnen.

Bild 1: Vorgehensweise bei der Prognose von Versorgungsaufgaben
Diese Methodik adressiert alle wesentlichen Entwicklungen, die die künftigen Anforderungen an die Stromnetze beeinflussen. Dies sind auf der Verbrauchsseite vor allem die Elektrifizierung des Verkehrs- und Wärmesektors sowie die Umstellung von Industrieprozessen auf strombasierte Anwendungen und auf der Erzeugungsseite der Zubau von PV-Dach- und Freiflächenanlagen sowie Windenergieanlagen. Ergebnisse einer ggf. vorliegenden kommunalen Wärmeplanung können genutzt werden. Im Gegenzug können Ergebnisse unserer Analysen Eingang in kommunale Wärmeplanungen finden.
Neben dem Zuwachs der Zahl von Verbrauchseinrichtungen bzw. Erzeugungsanlagen muss deren Entnahme- bzw. Einspeisecharakteristik berücksichtigt werden, um die für die Netzauslegung relevanten zeitgleichen Leistungsanforderungen bestimmen zu können.

Bild 2: Beispiel für die Verteilung von Affinitäten für Elektromobilität innerhalb eines Ausschnitts eines Netzgebiets mit überwiegender Wohnbebauung (Quelle Affinitäten: Nexiga GmbH, Quelle Gebäudedaten: geofabrik.de)
Die Analysen erfolgen in einer gebäudescharfen Auflösung, so dass die Ergebnisse unmittelbar geeignet sind, in detaillierte Netzberechnungen von Mittel- und Niederspannungsnetzen einzugehen. Als Datenbasis werden unter anderem sozioökonomische Daten verwendet, die von Geodatendienstleistern zur Verfügung gestellt werden können; hier arbeitet Consentec eng mit der Nexiga GmbH zusammen. So wird zum Beispiel die Entwicklung der privaten Ladeinfrastruktur auf Basis sogenannter Affinitäten abgeschätzt. Affinitäten beschreiben Wahrscheinlichkeiten für die Anschaffung von bestimmten Produkten innerhalb eines Haushalts und können gebäudescharf bereitgestellt werden. Beispielhaft ist in Bild 2 für einen Ausschnitt des Netzgebiets eines kleinstädtischen VNB die Verteilung der Affinitäten für Elektromobilität dargestellt. Rot markierte Gebäude weisen auf eine hohe Affinität, gelb markierte auf eine mittlere grün markierte auf eine niedrige Affinität für die zeitnahe Anschaffung eines Elektro-PKW hin.
Unter der Annahme, dass die Bewohner der Gebäude gemäß diesen Affinitäten einen Elektro-PKW und eine Wallbox anschaffen (hohe Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft, mittlere eher mittelfristig und geringe langfristig), und unter Berücksichtigung des zu erwartenden Ladeverhaltens lassen sich die Leistungsbedarfe durch gleichzeitige Ladevorgänge und somit die (zusätzlichen) Netzbelastungen rechnerisch ermitteln.

Bild 3: Prognostizierte prozentuale Auslastungen der ONS-Transformatoren im oben dargestellten Netzgebietsausschnitt für Szenarien mit und ohne Fernwärmeausbau
Neben der Entwicklung der Ladeinfrastruktur wird auch die Entwicklung im Bereich strombasierter Wärmeversorgung berücksichtigt. Für den oben gezeigten Versorgungsbereich wird der Ausbau einer Fernwärmeversorgung erwogen. Im Rahmen der in diesem Fall durchgeführten Analysen wurden die Belastungen der bestehenden Ortsnetzstationen zu einem auslegungsrelevanten Zeitpunkt für den Fall mit und ohne Fernwärmeversorgung ermittelt. In dem Fall ohne Fernwärmeversorgung wurde unterstellt, dass der größte Teil der Gebäude perspektivisch mit einer dezentralen Wärmepumpe ausgestattet sein wird.
In Bild 3 sind die langfristig zu erwartenden Auslastungen der Transformatoren in den Ortsnetzstationen, die die im obigen Bild dargestellten Gebäude versorgen, für beide Fälle dargestellt. Dabei wurde unterstellt, dass langfristig eine Vollelektrifizierung des PKW-Verkehrs erfolgen wird und somit nahezu jedes der Gebäude in diesem Teil des Versorgungsgebiets über eine Wallbox bzw. über eine Wallbox und eine Wärmepumpe verfügen wird.
Auswertungen dieser Art liefern eine fundierte Grundlage für die anschließende Ermittlung des konkreten Netzausbaubedarfs und der dafür erforderlichen Ressourcen. Auch bei diesen Planungsschritten unterstützt Consentec regelmäßig Verteilnetzbetreiber.